Blickpunkt: Konzept von Dana Patsch

Die Vielseitigkeit des Porträts

Ein Ausstellungskonzept von Dana Patsch

Mein Ausstellungskonzept bezieht sich auf das Thema Mensch und wie dieses in der Kunst mithilfe des Porträts ausgedrückt wird. Dieses wurde aufgrund meines persönlichen Interesses gewählt, da es sehr spannend ist, wie sich das Porträt und dessen Bedeutung in der Kunst über die Epochen verändert hat. So sollte einerseits die Vielseitigkeit des Porträts und andererseits die Vielfältigkeit der Lentos Sammlung in den Fokus gerückt werden. Obwohl die Vielschichtigkeit des Porträts gezeigt werden sollte, mussten einige Grenzen gezogen werden, um einen roten Faden in der Ausstellung herstellen zu können. Daher konzentriert sich die Ausstellung vorwiegend auf Fotografien sowie Ölgemälde. Weiters wurde das Augenmerk auf Einzelbildnisse gelegt, wobei alle möglichen Ansichten der abgebildeten Person dargestellt wurden (z.B. Profilansicht, en face, Bildniskopf, Halbfigur etc.). Es wurde keine Differenzierung zwischen Porträts und Selbstporträts vorgenommen.


Raummodell

Nun zu den verschiedenen Positionen. Bei insgesamt 25 Werken sind 18 männliche sowie 6 weibliche Positionen zu verzeichnen. Es wurde ein großer Wert daraufgelegt, dass auch so viele weibliche Positionen wie möglich gezeigt werden. Die Künstler*innen kommen hauptsächlich aus Österreich und dessen Nachbarländern, da Verknüpfungen zwischen den Künstler*innen hergestellt werden sollten. Bei der Hängung wurde die interne Verknüpfung der Künstler*innen berücksichtigt (z.B. Pinell-Koller und dessen Tochter hatten einen regen Kontakt mit Klimt und Kokoschka). Deshalb hängen diese Werke nebeneinander. Weiters wurde versucht verschiedenste Stilepochen zwischen Ende des 19. Jhd. bis hin zu den frühen 2000ern auszustellen, um die Entwicklung des Porträts anhand der Stilepochen nachzuzeichnen.


Gemäldewand links

Fotowand rechts

Abschließend möchte ich noch kurz auf die Ausstellungsarchitektur eingehen, um die Ausstellung ein wenig zu visualisieren. Es wurde ein recht großer Raum für die Ausstellung gewählt (10mx16m), um genügend Platz für alle Werke zur Verfügung zu haben. Beim Eingang wurde ein von der Decke hängendes Bild (Hans Makart, Dame in Rot 1882/84) inszeniert um den Blick des/der Betrachters*in einzufangen (Wenn dieses Projekt in die Realität umgesetzt werden sollte, müsste man sich natürlich umfangreiche Gedanken über die Befestigung des Werkes machen, um weder die Besucher*innen noch das Werk selbst zu gefährden).


Herabhängendes Gemälde am Eingang: Hans Makart, Dame in rot 1882/84

Der Raum wird in eine linke Seite (Ölgemälde) und eine rechte Seite (Fotografien) aufgeteilt.Auf der rechten Seite wurde zusätzlich ein horizontaler blauer Farbstreifen eingefügt, da auf dieser Seite fast nur schwarz-weiß Fotografien hängen und die Farbe einen Bogen zur linken, recht farbigen Seite spannen sollte (die Farbe Blau wurde gewählt, da die Ölgemälde viele Blautöne enthalten. Wobei der/die Betrachter*in zuerst die linke Seite des Raumes begehen sollte. Hier werden vorwiegend Ölgemälde vom Ende des 19. Jhd. bis hin zu den 2000er Jahren vorgestellt. Die ersten (Silvia Koller, Portrait einer Dame & Koller-Pinell Broncia, Bildnis Theresia Coudenhove) und das letzte (Pietzyk, Andrzej, aus der Serie Claire Zachanassian) Gemälde werden mit Spots beleuchtet, um den Beginn und das Ende zu markieren. Vor allem das Gemälde von Pietzyk sollte den Übergang zu den schwarz-weißen Fotografien auf der rechten Seiter herstellen, da es ebenfalls in schwarz-weiß und grau Tönen gehalten ist. Auf der rechten Seite betrachtet man zuerst das Werk von VALIE EXPORT aus den 2000er Jahren, so wird die Geschichte der Stilepochen von vorne nach hinten aufgerollt. Der/Die Betrachter*in soll dazu aufgefordert werden im Kreis zu gehen, wobei er/sie immer einen flüchtigen Blick auf die gegenüberliegende Seite werfen kann, um zu sehen, wie das Thema Porträt zur gleichen Zeit in einem anderen Medium aufgegriffen wurde. Die Ausstellung wird mit drei im Raum stehenden Skulpturen abgerundet, welche die Veränderung des Porträts im Bereich der Plastik widerspiegeln sollen.


Linke Seite Gemälde der 1960er Jahre + Skulptur von Hrdlicka


Linke Seite der ersten Gemäldegruppierungen beim Eingang vom Anfang des 20. Jhd. bis hin zu den 1930ern


Rechte Seite Fotografien mit Werken von Anfang 20. Jhd. und einer Skulptur von Rodin
Linke Seite Gemälde der 1960er Jahre mit einer Skulptur von Hrdlicka

Werk- und Künstler*innenliste:
(alle Werke sind hier inkl. Abbildung einsehbar)
Bernhardt Walter, Porträt Josef Sudek
Breustedt Hans, sitzende Figur
Depner Margarete, Männlicher Akt
Egger-Lienz Albin, Ila, die jüngere Tochter des Künstlers
Export Valie, „Identitätstransfer III“
Export Valie, Selbstporträt mit Stiege und Hochhaus
Hanghofer Wolfgang, Prostituierte in der Rue Saint Denis
Hrdlicka Alfred, Porträt Oskar Kokoschka
Klimt Gustav, Frauenkopf
Kokoschka Oskar, Bildnis Marcel v. Nemes
Koller Silivia, Portrait einer Dame
Koller-Pinell Broncia, Bildnis Theresia Coudenhove
Kühn Heinrich, Portrait – The Mirror
Lassnig Maria, Der nicht emanzipierte Mensch (früher Selbstbildnis als Monster)
Makart Hans, Dame in Rot
Motesiczky von Marie Louise, Selbstporträt mit Birnen
Pietzyk Andrzej, aus der Serie Claire Zachanassian
Rainer Anulf, Lippenpressen
Ray Man, Porträt Marcel Duchamp
Ritter Walter, Frauenkopf (mit Einhorn)
Rodin Auguste, Porträt Victor Hugo
Rodtschenko Alexander, Portrait der Stapanowa
Scharff Christoph, ohne Titel (Portrait einer jungen Frau en face)
Scheidegger Ernst, Portrait Alberto Giacometti
Schiele Egon, Bildnis Trude Engel

Blickpunkt: Konzept von Valentina Ritt

THE EXPANSION OF THE FEMALE.
Eine Auflösung der Geschlechter

Ein Ausstellungskonzept von Valentina Ritt

Beim Titel „The expansion of the female“ mag man vorerst an eine feministische Ausstellung denken – bei dem Untertitel „Eine Auflösung der Geschlechter” wird man zum Grübeln verleitet. Der weibliche Aspekt ist durch den Aufholbedarf, unter anderem in der Kunst, en vogue, weshalb diese Ausstellung ergänzend zu der aktuellen Ausstellung des Lentos mit der Wiener SAMMLUNG VERBUND „Female Sensibility“  Raumplan wirkt. Durch die Auswahl des größten Ausstellungsraumes war es mir möglich 49 Werke unterzubringen, wobei ich stolz auf meine Künstlerinnenquote von 43 % bin – es werden 25 Künstler und 19 Künstlerinnen ausgestellt. Die Ausstellung soll ein Umdenken des Gendersystems anregen, indem sie einen „konventionellen“ Lebensweg einer cis-Frau aufzeigt, diesen anschließend jedoch annulliert.


Raumplan der Ausstellung

Betreten wir den 40 x 21 m langen Raum, begrüßt uns ein in dunkelpink gehaltenes Gangsystem, das die Gänge der beiden Eingänge zusammenführt. Durch den gedämpften Lichteinfall und die Farbauswahl, sowie Materialeinsatz soll ein höhlenartiges Gefühl vermittelt werden – weshalb auch mehr Abstand zwischen den Bildern gewählt wurde, damit diese nicht erdrückend wirken. Auf beiden Seiten findet man äquivalente Sujets der Bilder – Abbildungen von Mädchen1,2, zum Ende hin wird der „Tod des Mädchens“ in vier Ausführungen behandelt. Bevor wir durch einen samtig, ebenso in rosa gehaltenen Vorhang in einen weiteren, etwas größeren Gang schreiten sehen wir die farblich abgehobenen Definitionen eines Mädchens, sowohl auf Deutsch wie Englisch.

 

Von links nach rechts: [Definition girl lt. Cambridge Dictionary], Hundertwasser
Friedensreich – Mädchen und Knabe (1951), Reichel Carl Anton – Maria (1935), Siewert Clara – Mädchen mit Tod (1920), Hrdlicka Alfred – Der Tod und das Mädchen (1972)

Von links nach rechts: Freise Johanna – Peep Show (1991), Jungwirth Martha – Dame in Situation (1971), Kokoschka Oskar – Männlicher und weiblicher Akt sitzend (1913), Hoflehner Rudolf – Ohne Titel (Frau) (1948), Hauke Hans – Passion von Frau Geyer-Koref (1950 Eingang), Andersen Robin Christian – Sinnende (1920), Fleck Karl Anton – Ohne Titel (Liegender weiblicher Akt) (1979), Wach Aloys – Liegender weiblicher Akt (1920)

 

Wir befinden uns nun in der Erwachens- oder Awakening Phase3, das Mädchen macht in Johanna Freises „Peep Show“ erste Erfahrungen und setzt sich folgend mit ihrer Sexualität auseinander, die Frau wird auf unterschiedlichste Weisen gezeigt. Inmitten finden wir wieder eine zweisprachige Definition, diesmal vom Weiblichen. Wir kommen an einem weiteren Samtvorhang an und betreten einen rosa gehaltenen Gang, diesmal führt er uns zu einer farblich passenden Doppeltür. Bevor wir diese jedoch durchqueren verorten wir uns in der Thematisierung der Mutterschaft4. Neben den Definitionen der Mutter befinden sich Werke der Meister Schiele und Kollwitz, wie gegenüberliegend Allegorien wie Kubins „Unser Aller Mutter Erde“ oder Koller-Pinells „Eva“ und im Zentrum eine Mutter-Kind-Statue der Bakongo Baulé.

Nun sind wir beim Finale, oder wie hier betitelt Metamorphose5, angelangt in welchem die gesamte vorhergegangene Thematik über Bord geworfen wird. Es soll gezeigt werden, dass nicht alle Frauen kleine Mädchen waren, noch haben sie eine „klassische“ Rollenzuweisung und sowieso ist das alteingesessene binäre Gendersystem zu starr. Wenn man den letzten Raum betritt, mag dem Ein oder Anderem das Geburtskanalsystem dieser Ausstellung auffallen – wir befinden uns nun in der Gebärmutter. Beim Betreten springt die eigens, für diese Ausstellung angefertigte, durchgehbare Spiegelbox (5 x 5 m) ins Auge. Diese bildet das Zentrum des Raumes und soll zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst, wie einer Konfrontation mit den durchgestrichenen Definitionen, die uns bisher begleiteten, konfrontieren – gedacht wäre dies nach der Beschäftigung mit den Werken wie Informationstexten.

Links finden wir Thematisierungen von Rollenbilder der Frau wie anhand der Mutter („Messerschnullerhände“ Renate Bertlmann), der Künstlerin (women artists, Sophia Süßmilch) und in der Ecke lehnt die fragile „The Glass Woman“ (Mathilde Ter Heijne). Rechts finden wir eine Problematisierung der Genderthematik, versucht zu unterstreichen mit einem „Quadratisches Selbstportrait“ (Maria Lassnig), sowie VALIE EXPORTs „Genitialpanik“. Auch sehen wir hier Informationen zu, sowie ein Bild von Nilbar Güres Projekt „Wildness“, wo diese mit transsexuellen Frauen in Sao Paolo kooperierte. Am Ende des Raumes sehen wir das projizierte Video „undo“ (Olena Newkyrta) – eine Nähmaschine wird im Rückwärtsgang gezeigt, wobei Namen wichtiger Textilkünstlerinnen zum Vorschein treten. Das Video soll eine Auflösung der fest eingefahrenen Bilder in Familie, Sexualität und Gender symbolisieren.

 

Werk- und Künstler*innenliste:
(alle Werke sind hier inkl. Abbildung einsehbar)

Andersen Robin Christian, Sinnende
Öl auf Leinwand
1920

Bertlmann Renate, „Messerschnullerhände“
Pigmentdruck auf Fotopapier
1981-2015

Bilger Margret, „Was macht mein Kind….(Brüderchen und Schwesterchen)“
Holzriss auf Japanpapier
um 1942 (-1943)

Böhler Hans, Knieender weiblicher Akt
Bleistift
1976 (Eingangsdatum)

Brus Günter, Liegender weiblicher Akt
Schwarzer Kugelschreiber auf grauem Papier
1983 (Eingangsdatum)

Buchegger Petra, Pin me up, baby; Mappe der IG Bildende Kunst, Edition ’04
Siebdruck, dreifarbig auf Fabriano Bütten
2004

Corinth Lovis, Frau vor dem Spiegel
Öl auf Leinwand
1953 (Eingangsdatum)

EVA & ADELE, Frehel-Bloc
Mischtechnik auf Papier (Tusche, roter Nagellack, Alupapiercollage, Spitzenbordüre)
2006

EVA & ADELE, Futuring Company
Aquarell auf Papier
2003

EXPORT VALIE, Aktionshose: Genitalpanik
Fotodruck, Offsetdruck
1969

Zum Austausch: EXPORT VALIE, „Identitätstransfer I“
SW-Fotografie
2000 (1968)

Fleck Karl Anton, Ohne Titel (Liegender weiblicher Akt)
Lithographie
1979

Freise Johanna, Peep Show
Öl auf Leinwand
1991

Funke Helene, Drei Frauen
Öl auf Leinwand
1915

Güres Nilbar, Wildness
C-Print
2014

Haesele Emmy, Ohne Titel (Frau mit Harfe)
Tusche und Aquarell auf Büttenpapier
1937

Hauke Hans, Passion von Frau Geyer-Koref (11 Holzschnitte)
Holzschnitt auf Papier
1950 (Eingangsdatum)

Hegenbarth Josef, Nacktes Mädchen vor dem Spiegel
Mischtechnik auf Papier
1960

Hoflehner Rudolf, Ohne Titel (Frau)
Mischtechnik (Feder in Tusche mit Tempera laviert), darüber farbloser Lack
1948

Hrdlicka Alfred: Der Tod und das Mädchen
Radierung auf Bütten
1972

Hundertwasser Friedensreich, Mädchen und Knabe
Rotaprintlitho
1951

Jones Allen, Zwei Mädchen
Öl auf Leinwand

Jungwirth Martha, Dame in Situation
Pastell
1971

Karger Alfred, Totes Mädchen
Tusche
1957

Klimt Gustav, Frauenkopf
Öl auf Leinwand
1917

Kokoschka Oskar, Männlicher und weiblicher Akt sitzend (Das Weib hält den Kopf des Mannes)
Strichätzung nach Kreidelithographie (OKA-Druck) auf Papier
1913

Kolig Anton (zugeschrieben), Adam und Eva im Paradies
Holzschnitt auf Papier
1984 (Eingangsdatum)

Koller Silvia, Mädchen
Aquarell
1958

Koller-Pinell Broncia, Eva
Holzschnitt
1903

Kollwitz Käthe, Mutter mit Kind auf dem Arm
Fotolithografie auf Büttenpapier
1916

Kubin Alfred, „Unser aller Mutter Erde“
Faksimile (Original: Tusche, laviert, gespritzt auf Katasterpapier)
um 1901-1902

Kubin Alfred, Skizzenblatt zu: „Der Tod und das Mädchen“
Bleistift auf Papier
1922-23

Lassnig Maria, Quadratisches Selbstportrait
Kohle auf Papier
1961

Mueller Otto, Badende Mädchen, „Sommer“ (Originaltitel im Anger-Museum Erfurt)
Leimfarbe auf Jute
um 1918

Newkryta Olena, „undo“
Video
2014

Oberhuber Oswald, Frau
Monotypie mit Bleistift
1949

Palme Margit, Sinnende Frau
Aquatintaradierung auf Büttenpapier
1973

Palme Margit, Sommer
Aquatintaradierung auf Büttenpapier
1973

Paul Klee, Kind an der Freitreppe
Offsetdruck auf Papier
1923

Picasso Pablo, „Deux Femmes sur la Plage“ (Zwei Frauen am Strand)
Kreidelithographie auf Büttenpapier
1956

Reichel Carl Anton, Maria (Mädchenbildnis im Profil)
Kaltnadelradierung auf Büttenpapier
1935

Schiele Egon, Mutter mit Kind in rotem Mantel
Aquarell
1911

Siewert Clara, Mädchen mit Tod
Tusche und Kohlezeichnung aquarelliert auf Papier
um 1920

Strohofer Hans, Zwei Mädchen
Feder in Tusche, laviert, Bleistift auf Papier
1908

Süßmilch Sophia, SOSU 32/19, women artists
C-Print
2019

Wach Aloys, Liegender weiblicher Akt
Bleistift
1920

Plastiken
Bakongo Baulé, Mutter-Kind-Figur
Holzskulptur
1995 (Eingangsdatum)

Kampl Gudrun, „Die hölzerne Venus II“, aus der Serie: „Gefühlsgarderobe“
Ahornholzkorpus,4 Holzfüße, 3 Kleiderhaken, Stofflunge/Seide
1998

Ter Heijne Mathilde, The Glass Woman
lebensgroßer Dummy, Epoxy, Kleider
2004